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Wirtschafts- und Tourismuswissenschaften

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Warum schlechte Noten gut sind

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Haben Sie schon einmal Geld verliehen?

Ganz sicher; zumindest kleinere Beträge und wahrscheinlich innerhalb der Familie oder im engsten Freundeskreis.

Aber darüber hinaus?

Das Risiko, sein Geld nicht oder nur nach vielen quälenden Mahnungen wiederzusehen, ist bei verschiedenen Schuldnern unterschiedlich hoch und eine Einstufung bzw. Benotung von deren Vertrauens- und Kreditwürdigkeit würde die Entscheidung von Anfang an erleichtern und eine Vergabe an unzuverlässige Kandidaten ausschließen.

Auf den Finanzmärkten gibt es deshalb, wie in der Schule, ein Benotungssystem (Rating), das die Spreu vom Weizen trennt und klar macht, dass man Schuldnern mit guten Noten (AAA-Rating) besser vertrauen und mehr Geld zu besseren Bedingungen (= niedrigeren Zinsen) verleihen kann als Schuldnern mit schlechten Noten (CCC-Rating) und letztere, wenn überhaupt, nur zu schlechten, d.h. hohen Zinsen ihren Kredit bekommen, wogegen die Musterkandidaten diesen zu wesentlich günstigeren, d.h. niedrigen Zinsen erhalten.

So erhalten die Musterländer mit Bestnote den Kredit zu nur 1% und die schlecht benoteten Klassenletzten müssen mindestens 6% Zins für ihre Ausleihungen bezahlen.

Wenn nun jedoch eine gut gemeinte Gleichmacherei, wie bei Einführung des Euro, unterschiedlich vertrauenswürdigen Kandidaten im Rahmen eines einheitlichen Währungsverbundes trotz unterschiedlicher Kreditwürdigkeit (oder bei Schülern: unterschiedlicher Leistungen) die gleiche Note für ihre Kreditwürdigkeit verleiht und sich daraufhin auch die mit Geld leichtsinniger umgehenden Schuldner plötzlich wie Onkel Dagobert Duck in einem (Mittel-) Meer aus billigem Geld baden können, weil sie überraschender Weise die gleichen niedrigen Zinsen (bzw. bei Schülern: Noten) wie die  Musterschüler aus dem Norden erhalten, fließen Milliarden auch in wenig produktive, sinnlose oder überflüssige Verwendungszwecke, die weder die Zinsen, noch die Raten für die Rückzahlung je verdienen können.

Schuld daran sind jedoch nicht nur die leichtsinnigen und geldpolitisch „faulen“ Schuldner, sondern auch die Kreditgeber, in diesem Fall die Finanzmärkte, weil sie den unterschiedlichen Länderleistungen die gleiche Note und damit Kreditwürdigkeit gegeben und die dadurch allzu positiv Benoteten wohlgefällig und passiv gemacht sowie zum Leichtsinn verführt haben.

Hätten die unterschiedlich leistungsfähigen Schüler bzw. Staaten von vornherein keine gleichen, sondern unterschiedliche, d.h. gute und schlechte Noten erhalten, wäre den schlechten Schuldnern bzw. Schülern der Weg zu dem verhängnisvollen Schlendrian und Schuldenberg von vornherein verbaut gewesen, weil ihnen niemand soviel Geld so leicht(sinnig) anvertraut hätte.

Wie sich gezeigt hat, herrschen, wie unter Schülern, auch unter europäischen Staaten unterschiedliche, zumeist kulturell bedingte, Ansichten über den Wert von Arbeit und Freizeit, Fleiß und Wohlleben, Sparen und Konsumieren, die dazu führen, dass das Geld der Finanzmärkte – und dies sind keine monströsen Spekulanten oder Ungeheuer, sondern Sparer mit ihren Lebensversicherungen sowie Angestellte mit ihren später zu erwartenden Renten – bei den Einen besser als bei den Anderen aufgehoben ist.

Dies führt nun jedoch zu der nachdenklich machenden Konsequenz, dass die Europas Vielfalt ausmachenden mentalen und kulturellen Unterschiede weitgehend eingeebnet und damit aufgegeben werden müssen, wenn die aufgrund ihrer kulturellen Lebensweise materiell weniger erfolgreichen Länder in der „EU-Währungsschule“ ständig mit schlechten Noten und Nachsitzen bedacht werden, da damit zweifellos wertvolle kulturelle Einflüsse dem finanziellem Gemeinwohl geopfert werden (müssen), was bei einer eigenen Währung im Sinne einer Art von Selbstbenotung (Abwertung) nicht der Fall war bzw. wäre.

Insofern führt eine gemeinsame Währung – oder gleiche Note für Alle – zu einer zentral gelenkten Gleichschaltung, die unterschiedliche Profile unkenntlich macht und auf ein Einheitsniveau zwingt; europäische Einheit statt europäische Vielfalt.

Die Abschaffung der traditionellen spanischen Siesta als Sparmaßnahme zur Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktivität und somit Erhöhung der Kreditwürdigkeit ist ein anschauliches Beispiel für die Opferung und Einebnung kultureller Errungenschaften auf dem Altar der europäischen Gleichmacherei im Rahmen einer einheitlichen Währung. Dabei wird der in südlichen Regionen traditionelle Mittagsschlaf fälschlicher Weise als Faulheit statt Mittel zur Leistungssteigerung und Kreativität verkannt.

Insofern stellt sich die Frage, ob und wem es wegen der Beibehaltung kultureller Unterschiede wert ist, leistungsmäßig schwächere Schüler unter Verlust eigener finanzieller Ressourcen  (sprich: Renten) mitzuziehen, d.h. zu subventionieren, um dafür die unterschiedlichen Kulturen ungeschmälert zu erhalten oder jene in eine andere, eigene (Währungs-) Schule mit eigenem Benotungssystem unter  Beibehaltung ihres authentischen „genetischen“ Lifestyles zu entlassen.

Würden Sie nicht auch einem Studierenden, der im 4. Semester bereits sein Basisstudium erfolgreich und vollständig abgeschlossen hat und nebenbei frühmorgens als Zeitungszusteller arbeitet sowie in den Semesterferien einen studiennahen Ferienjob hat, eher Geld leihen als einem lebenshungrigen Partygänger im 9. Semester? Letzterem würden Sie mit Finanzspritzen nicht nur keinen Gefallen tun, sondern seinen Schlendrian auf verhängnisvolle Weise zum für ihn selbstverständlich werdenden Lifestyle auswachsen lassen helfen und Ihren Kredit dort im Gegensatz zum Musterstudierenden wahrscheinlich abschreiben müssen.

Das Gleiche passiert bei Studierenden, die trotz mäßiger Leistung durch eine dazu unverhältnismäßig gute Note ein unzutreffendes Feedback ihres Arbeitsstils bekommen und, wie mit zu guten Bonitätsnoten (Ratings) verwöhnte Geldschuldner, dadurch keinen Anlass für eine Korrektur ihrer selbstgefälligen Passivität mit unzureichenden Anstrengungen sehen.

Der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, Professor Bernhard Kempen, kritisiert die an Hochschulen zu beobachtende „Noteninflation“ und beklagt die fehlende Aussagekraft von Noten: „In ganz vielen Fällen haben die Kollegen die Neigung, nur noch Bestnoten zu vergeben“ (Vitzthum, Thomas, In ganz vielen Fächern gibt es nur noch Bestnoten, in: Die Welt, 9.5.2016, vgl. auch Links zu Zeitschriften Forschung & Lehre sowie Wirtschaftswoche)

Wenn bekannt ist, dass in einem Fach nur Bewertungen im engen „guten“ Notensektor vergeben werden, wäre es geradezu unökonomisch, sich besonders anzustrengen, wenn die Bestnoten auch schon bei geringer Anstrengung zu erreichen sind und eine Leistungssteigerung keine Prämie mehr einbringt. Statt unnötige weitere Energie in solche „leichten“ Fächer fließen zu lassen, ist es nach den Gossenschen Ertragsgesetzen ökonomischer, jene überflüssige Restenergie in Fächer umzulenken, die zur Erreichung derselben guten Note einen höheren Aufwand erfordern.

Auch der Wissenschaftsrat beklagt die Tendenz zur Noteninflation, die in bestimmten Fächern dazu führt, dass 98% der Studierenden keine schlechteren als die beiden ersten Notenstufen „sehr gut“ oder „gut“ erhalten und auf die damit verbundene Absicht der Hochschulen, ihren Absolventen bildungsbiografische Vorteile auf Kosten der leistungsgerecht Bewerteten anderer Hochschulen zu verschaffen (vgl. Friedmann, J. Wissenschaftsrat beklagt zu gute Noten an Unis, SPIEGEL-online 9.11.2012 sowie Preuss, R. Zu gute Noten an deutschen Hochschulen, Süddeutsche Zeitung 10.11.12, S. 1).  Prof. Peter Herde weist in einem Leserbrief auf ein Forschungsprogramm der Universität Dresden hin, in dem nachgewiesen worden sei, dass ein Professor in der Regel umso besser (von Studierenden) beurteilt werde, je leichter seine Anforderungen und je besser die von ihm erteilten Noten sind (vgl. F.A.Z. Nr. 98, 27.4.2013, S.35). Werden Kuschelnoten als Marketinginstrument von untereinander im Wettbewerb stehenden oder um ihre Existent kämpfenden (Wahl-) Fächer oder gar ganzen (Hoch)Schulen eingesetzt, wird der Studierende mit dem absehbaren demographischen Rückgang der Studienanfänger zum hofiertem Kunden, der – von Bestnoten umworben – seine Wahl nach dem günstigsten Angebot treffen kann.

Können Hochschulen der Versuchung widerstehen, ihr Ausbildungsniveau zu senken, wenn ihre finanzielle Ausstattung – wie geplant – von möglichst wenigen Studienabbrechern und möglichst vielen die Regelstudienzeit nicht überschreitende Absolventen abhängig gemacht wird? „Bei der Vergabe von Hochschulabschlüssen müssen allein objektive Leistungskriterien ausschlaggebend bleiben. Höchstquoten für Studienabbrecher sind korrumpierend und laufen auf eine Absenkung von Qualitätsstandards hinaus.“ (Deutscher Hochschulverband, Resolution des 65. DHV-Tages in Mainz, 24.3.2015) 

Dass Noten wie Zinsen oder der Geldwert aufgrund ihrer Signalwirkung von (Schul-)Politikern gern zum Nachweis der eigenen Erfolgspolitik geschönt werden, um Kritikern keine Munition – z.B. in Form höherer Durchfallquoten oder schlechterer Notendurchschnitte – zu liefern, wird aus einem Insiderbericht eines Gymnasiasten über das nachträgliche „Montieren“ der Leistungsergebnisse an Gymnasien mit der umstrittenen verkürzten G8-Schuldauer  (vgl. Freitag, Markus: Durchkommen, irgendwie; Süddeutsche Zeitung 20.2.2014, S.2) oder an dem sogar gerichtsmassig gewordenem Vorgehen eines Schuldirektors deutlich, der die Noten seines Abiturjahrgangs gegen den Willen der zuständigen Erst- und Zweitkorrektoren als selbsternannter Drittkorrektor zur Imagepflege seines renommierten Gymnasiums eigenmächtig geschönt hat und dafür wegen Falschbeurkundung im Amt zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt wurde und auch noch mit einem Disziplinarverfahren rechnen muss (vgl. Link zu Süddeutsche Zeitung, 24.6.2014, R15).

In den USA wurden acht Lehrer zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie Prüfungsbögen zu Gunsten der Schüler gefälscht haben, um durch die besseren Ergebnisse ihrer Schule ein höheres Ranking und sich selbst großzügige Leistungszulagen zu verschaffen, die bei einer Schulrätin während ihrer Amtszeit $ 500.000,- ausgemacht haben.

Wenn dann „im wirklichen Leben“ – schon im Bewerbungsgespräch – jedoch spätestens im Probejahr, die Notenhüllen fallen und die Gläubiger, wie bei den Krediten, substanzielle Leistung einfordern, offenbart sich manchem die aufgrund seiner Schein-Noten verfälschte Einordnung in eine zu hohe Leistungsklasse, der er, wie unzutreffend benotete Staaten in einer sie überfordernden Währungsklasse, nicht gewachsen ist und deshalb dort alsbald ein eher horizontaler denn vertikaler Karriereverlauf bevorsteht.

Wie viel besser wäre es gewesen, schon frühzeitig durch differenzierte, also gute, aber auch schlechte Noten, ein tatsächliches Leistungsbild erhalten zu haben und sich hätte entsprechend  motivieren oder in eine andere Leistungsklasse, sprich Ausbildung, wechseln und dort der wahre Erste und nicht leistungsmäßig getarnter Mitläufer sein können.

Wie viele Menschen verfehlen wohl ein Leben lang ihre wahre Berufung, weil sie zu lange mit unzutreffend guten Noten über ihr tatsächliches Mittelmaß in dem entsprechendem Fach hinweggetäuscht und damit einer frühzeitigen und vor allem noch rechtzeitigen beruflichen Neuorientierung entzogen worden sind?

Insofern wirken schlechte Noten wie Katalysatoren, die schwache Studierende entweder zu besseren Leistungen motivieren oder Anlass für ein Umsatteln zu einem anderen Studiengang sind. 80.000 Studierende, rund ein Drittel aller Hochschüler, brechen jährlich in Deutschland trotz hoher Studienkosten ihren bisherigen Studiengang ab und wagen einen Neuanfang in einem anderen Fach (vgl. Liebe auf den zweiten Blick, F.A.Z.  6.10.2012, C4).

Auch dies ein Symptom für den gesellschaftlichen Nivellierungseifer nach Hochschulbildung um jeden Preis und für möglichst viele, unabhängig von Begabungen, Motivationen und Wissenschaftsgenen in der zukünftigen Akademikerschwemme.

Eine weichgespülte Notengebung diskriminiert immer die Besten (Dr. Häublein, E., Leserbrief,in Süddeutsche Zeitung 1.3.2014, S. 21), weshalb schlechte Noten für schlechte Schüler auch wichtig für die gut Benoteten sind, weil sie deren gute Leistung nicht nur im späteren Bewerbungswettlauf abgrenzend kenntlich machen, sondern auch eine persönliche Belohnung und Motivation darstellen, die ohne den Vergleich mit Schlechtbewertungen nicht möglich wären. Dies wird häufig von den Mittelmäßigen als unsolidarisch abgetan, die aber dennoch später für sich selbst nicht auf Bewertungsunterschiede zum Auffinden und zur Inanspruchnahme exzellenter Ärzte, Lehrer, Manager und Architekten verzichten wollen.

Würden Sie sich bei Versteifungsrisiko am Knie von einem Arzt operieren lassen, der bei leistungsgerechter Bewertung sein Examen nie bestanden hätte?

Aber wer würde schon die Anstrengungen auf sich nehmen wollen, ein exzellenter Arzt, Lehrer, Manager oder Architekt zu werden, wenn deren Leistungen später aufgrund einer Einheitsnote und womöglich auch eines Einheitsgehaltes nicht gewürdigt werden, weil die Gesellschaft lieber gleich als differenziert und erfolgreich ist?

Die ideologischen Großversuche der in der Gleichmacherei von Menschen gescheiterten kommunistischen Staaten – im Falle Deutschlands sogar 40 Jahre lang innerhalb desselben Volkes – glaubten an gleiche Einkünfte trotz unterschiedlicher Leistungen.

Der Ausgang ist bekannt.

 

P.S.

Dass die Aussagekraft von Abschlussnoten für die Feststellung der Studierfähigkeit aufgrund der Urteilskraft unterschiedlicher Lehrer über einen langen Zeitraum sowie verschiedener Prüfungsformen (mündlich, schriftlich, Referate, Multiple-Choice etc.) höher ist als die von Studierfähigkeitstests und selbst diese wiederum weit aufwändigere Auswahlgespräche übertreffen, zeigen viele Studien von Hell, Schuler, Trapmann und Weigand (2007/2008) auf der Datenbasis von über 40.000 Personen (vgl. Kersting, M. Abitur ohne Hochschulreife? – Die Not mit den Noten, in: (Hrsg.) Deutscher Hochschulverband, Forschung & Lehre, 3/15, Bonn, 2015, S. 200-202)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kategorie: Eis-Blog Stichworte: Benotung, Hochschulen, Noten, Noteninflation, Rating, Schulden, Studienabbrecher

Unternehmerbehörde

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Haben Sie es schon gehört?

In Anturien hat man den drohenden Schuldenkollaps dadurch verhindert, dass die Unternehmen verstaatlicht und die Behörden in Unternehmen umgewandelt wurden.

Der Polizeipräsident bekommt nun, wie auch alle anderen Beamten, nur noch die Hälfte seines bisherigen Gehalts, hat aber die Möglichkeit, wie seine Kollegen von Finanz-, Schul- und Gesundheitsbehörden, sein Einkommen durch sogenannte Drittmitteleinwerbung sowie durch Leistungszulagen wieder auf das vorherige Niveau, und bei besonderen Anstrengungen sogar darüber hinaus, zu steigern; ein durchaus marktwirtschaftlich-unternehmerischer Ansatz zur Motivationsförderung.

Bei der Gehaltskompensation durch sog. Drittmittel erhält er die Chance, seine Bezahlung am Markt selbst zu verdienen, indem er von Sponsoren ehrenwerter Gesellschaften Spendengelder für das Polizeipräsidium einwirbt und dafür Dankbarkeit sowie ein dezentes Schild an der Tür oder eine weniger dezente farbliche Bemalung innerhalb einzelner Räume des Polizeipräsidiums unter Nennung des jeweiligen Spendernamens anbietet.

Da dies jedoch weder nach billiger Reklame noch raffinierter Werbung aussehen und auch nicht unseriös wirken darf, müssen Raumbennungen nach „Al Capone“ oder „Bonnie  &  Clyde“  trotz verführerisch hoher Sponsorengelder einschlägiger auf Polizeisympathie angewiesener Gesellschaften mit Bestimmtheit abgelehnt werden.

Einzig die Umbenennung eines von der Jagdgenossenschaft gesponserten nüchterner Vernehmungsraumes in  „Georg Jennerwein Suite“  konnte aufgrund der im Lied- und Volksgut geheilten Missetaten dieses gesetzlosen Wildschützen von höchster Stelle genehmigt werden.

Aufgrund dieser Hindernisse bei der sog. Drittmittelwerbung werden Sie vielleicht fragen, wie ein Polizeipräsident, der ehrlich bleiben will und muss, durch Leistung auffallen und dadurch sein früheres Gehalt, zumindest ansatzweise, dann wenigstens durch sog. Leistungszulagen wieder erreichen kann.

Sein Versuch, die Einnahmen von Verkehrssündern durch zusätzliche Radarfallen zu steigern, wäre zwar finanziell sehr erfolgreich, würde ihm jedoch keine Leistungszulage einbringen.

Warum?

Weil sich die Leistungszulage nicht am ablesbaren Ergebnis seines unternehmerischen Erfolgs, sondern der Beurteilung dieses Ergebnisses durch andere Polizeipräsidenten sowie diesen vorgesetzte Politiker bemisst. Dadurch wird nun wiederum der marktwirtschaftliche Ertrag unseres Polizeibeamten in unvorhergesehener Weise relativiert.

Der dessen Unternehmergeist beurteilende und begutachtende Vorgesetzte ist nämlich in seiner Zweitfunktion  ebenfalls aktiver Polizeipräsident einer angrenzenden Region und befürchtet, dass die verschärften Überwachungsmaßnahmen seines Kollegen auch den Verkehrsfluss und Geschwindigkeitsübermut durch seine eigene Region dämpfen, die Radareinnahmen sinken und damit seine persönliche Leistungszulage nicht mehr auf dem Radarschirm erscheinen lassen könnten.

Der zusätzlich für die Freigabe der Leistungszulage zuständige Politiker wiederum befürchtet, dass seine Region durch die verschärften Maßnahmen als autofeindlich gelten könnte, dadurch notwendige Gewerbeansiedlungen verhindert würden und sich zumindest seine autofahrenden Wähler beim nächsten Wahlgang von ihm abwenden könnten. Und da er, im Gegensatz zu seiner Polizei-, Hochschul- und Gesundheitsbehörde statt einer Leistungszulage, die wiederum nicht vom Markt, sondern von anderen Politikern begutachtet und freigegeben werden müsste, noch sein volles Gehalt bezieht, hält er den  betriebswirtschaftlichen Ansatz einer leistungsgerechten Bezahlung persönlich für entbehrlich.

Nun werden Sie vielleicht fragen, vor allem die Studierenden, was dies alles mit Ihren Studienbedingungen, der Hochschule oder den Professoren zu tun hat.

Sicherlich, wir leben nicht in Anturien und es gibt bei uns auch keine gehaltsreduzierten Polizeipräsidenten, allerdings Drittmittelwerbung, Sponsorengelder sowie Leistungszulagen für Professoren und der Verfasser ist sich gar nicht sicher, ob er für diesen Artikel eine solche erhoffen darf…

P.S.

Wenn Bildung  zur Ware sowie Studierende dementsprechend marktgerecht zu von pädagogischer Erziehung möglichst „verschonten “ Kunden degenerieren und Hochschulen 95% ihrer Einnahmen nicht vom Markt, sondern aus Steuergeldern erhalten und auch auch nicht pleitegehen können, wird durch das Kopieren einer falsch verstandenen Unternehmer-Semantik eine Scheindynamik suggeriert, deren zunehmende Stabsstellen innerhalb eines rasant wachsenden Wasserkopfes zu einem Wissenschafts- „Controlling“ führen, das ursprünglich motivierte Professoren demotiviert, die dann wiederum über marktferne sowie offene und verdeckte Lehrdeputatsnachlässe und Leistungszulagen motiviert werden müssen (vgl. Kühl, S. Der Mythos von der unternehmerischen Universität, FAZ Nr. 119, 23.5.2012 S. N5);

Der tragische Selbstmord eines an einer englischen Hochschule dem ständigen Druck nach Drittmitteleinwerbung nicht standgehaltenen deutschen Professors Stefan Grimm – ein renommierter und vielzitierter Pharmakologe in der medizinischen Grundlagenforschung – sowie die Klage einer Forscherin, die Universität sei zum Bordell verkommen, wo jedem ein Zimmerchen gewährt wird, der ausreichend Drittmittel einwirbt und vom Zuhälter Druck bekommt, der nicht genug anschafft, sind – noch – einzelne, verzweifelte Hilferufe, aber vielleicht auch nur die Spitze eines Eisbergs (vgl. dazu Spielsberg, A. Burchardt, M. Unter dem Joch des Drittmittelfetischs, Forschung & Lehre, 2/2015, S. 108ff).

Wirtschaft statt Behörde zwar, aber nicht Markt- , sondern Planwirtschaft, die „im echten Markt-Leben“ längst abgewirtschaftet hat.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 14.2.2012 das geringe Grundgehalt der neu berufenen Professoren sowie die intransparente Vergabepraxis der Leistungszulage im betroffenen Land Hessen als evident unzureichend beanstandet (vgl. Süddeutsche Zeitung 14.2.12 Link) und  klargemacht, dass Hochschulen eben keine Unternehmen sind und auch nicht so geführt werden dürften.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt, durch den Einzug der Gesetze des Marktes als Maß aller Dinge mit arbeitsmarktgefügiger Bachelor-Studienreform und Firmen-Sponsoring zählt die Verwertbarkeit oft mehr als wissenschaftliche Neugier und es wurden Hochschulen geschaffen, die manchmal den Anschein erweckten, als stünden sie kurz vorm Börsengang. (Osel, J. Wer sein Fach versteht, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 38 vom 15.2.2012, S. 4)

Da, anders als bei Lebensmittel und Arztleistungen, die Mitwirkung der „Kunden“ zum Produkterfolg vom „Verkäufer“ in einem für den „Käufer“ wertvollem Zeugnis bewertet wird, kann der „Verkäufer“  durch eine beschönigende Benotung selbst bei unzureichender Leistungs- und Mitwirkungsqualität den Produktwert in den Augen der „Kunden“ steigern, vergleichbar einer ökonomisierten staatlichen Gerichtsbarkeit, die bei Einführung einer unternehmerischen Wettbewerbswirtschaft mit privaten Gerichten durch gefällige Urteile  um die Gunst ihrer „Kunden“ buhlen müsste, um langfristig ihre Kundenfreundlichkeit und damit Existenz zu sichern.

Dass deren Urteile in den Augen der Gesellschaft bald nichts mehr wert wären ist so offensichtlich wie das Urteil der Wirtschaft über Zeugnisnoten sich miteinander im Wettbewerb fühlender Hochschulen, die ihre Mitarbeiter organisatorisch über sog. Zielvereinbarungen zu politisch gewünschten niedrigeren Quoten von Studienabbrechern angesichts sonst übervoller Hörsäle und anschwellender Wiederholungsprüfungen inkl. deren umfangreicher Korrekturarbeiten motivieren.

Wenn dann nicht nur Hochschulen, sondern auch innerhalb dieser einzelne Fächer im Rahmen einer für die „Kunden“ als attraktiv empfundenen Auswahl- bzw. Abwahlmöglichkeit miteinander konkurrieren sollen, werden nach allgemeiner (Studenten-) Lebenserfahrung die arbeitsaufwendigsten und am wenigsten anschaulichen Fächer sowie deren Dozenten um ihre Lehrexistenz kämpfen und ihre idealistisch hohen Ansprüche wie einst die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten dem Niveau der privaten Anbieter oder „coolsten“ Lehrveranstaltungen im Haus angleichen müssen.

Eine sich über einen Zeitraum von 12 Jahren erstreckende Auswertung der offiziellen Hochschulprüfungsstatistik ergab bei externen Prüfern (Staatsexamen) signifikant schlechtere Noten als bei Prüfern der hochschuleigenen Fakultät für die jeweils gleichen Fächer und die Autoren der Studie fragen, ob dies schon ein Indiz eines „Entlastungsvertrages“ zwischen Prüflingen und Prüfenden ist (vgl. Müller-Benedict, V. Tsarouha, E. Können Examensnoten verglichen werden? Eine Analyse von Einflüssen des sozialen Kontextes auf Hochschulprüfungen. Zeitschrift für Soziologie, Heft 5/2011, zitiert in: Wagner, G. In beiderseitigem Einvernehmen, FAZ 18.4.2012, S. N5).

 

Kategorie: Eis-Blog Stichworte: Leistungszulage Unternehmerbehörde

Nachhaltiger Egoismus oder was ?

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Haben Sie schon einmal für eine individuell durchgeführte oder gebuchte Reise einen freiwiligen zusätzlichen Betrag für den Ausgleich Ihres dadurch verursachten umweltbezogenen Schadens bezahlt ?

Sehen Sie…!

Haben Sie schon einmal für selbst konsumierte Bio-Lebensmittel guten Gewissens und gern mehr als für die gleichen nichtbiologischen Produkte bezahlt ?

Sehen Sie…!

Während von dem umweltbezogenen Reiseaufpreis höchstens die Leute nach der Sintflut profitieren, könnte es dem eigenen Bauch nach dem Genuss der Biolebensmittel besser gehen und diesen ganzen wertvollen Menschen vermutlich auch länger geben.

Nachhaltig operierende Reiseveranstalter berichten, dass selbst unter ihren für das Thema sensibilisierten Kunden die wenigsten einen freiwilligen zusätzlichen Preisaufschlag zum Ausgleich der verursachten CO2 -Emissionen zahlen wollen (Bei Studiosus sind es nicht einmal 1 Prozent), ein Lufthansa-Sprecher muss für seine honorige Kundschaft denselben (Nicht-)Prozentsatz zugeben (Kunden zahlen selten, um Treibhauseffekte auszugleichen, FAZ Nr. 85 vom 11.4.2012, S. 10) und eine umfassende Befragung von mehr als 5000 Verbrauchern erbrachte sehr viel Verständnis, aber eben auch wenig zusätzliche Zahlungsbereitschaft für die Nachhaltigkeit aller möglichen Produkte (Esch, F.R. Die Marke muss Geschichten erzählen, in: FAZ. Nr. 55 vom 5.3.2012, S. 14). Neueren Befragungen zufolge nimmt das ökologische Bewusstsein bei Reisen sogar ab. Auch der Nachhaltigkeitsbeauftragte des Reiseveranstalters TUI gibt sich desillusioniert ob des Unterschieds zwischen begeisterter Ansage und tatsächlichem Verhalten, d.h. auch Bequemlichkeitsverzicht, der Touristen.

Würden die Ausgleichsbeträge für die CO²-Kompensation bei Flug-Pauschalreisen nicht freiwillig zu entrichten, sondern erzwungener Maßen im Rahmen der dann erhöhten Endpreise eines Reiseveranstalters einkalkuliert und zu bezahlen sein, hätte dies dessen ruinösen Abgang und die Schadenfreude seiner weniger umweltbewussten Konkurrenten zur Folge, sagt der Geschäftsführer von Studiosus in dem oben zitierten Artikel.

Von vielen Touristen wird zudem Nachhaltigkeit mit der Haltbarkeit Ihrer Erholung und Bräune  verwechselt („Buche eine Woche und erhol Dich wie in zwei; das Mindesthaltbarkeitsdatum jeder auf unseren angebotenen Badereisen zugelegten Bräune beträgt drei Wochen“ ), was allerdings dieser seriösen Markenbefragung nicht zu entnehmen ist.

Dafür sollen, so hat die oben zitierte Umfrage wiederum ergeben, Produkte bzw. Marken erlebnisgeladen sein und Geschichten erzählen können, etwa in Red Bull Events, Maggi Kochstudios oder Swarowski Kristallwelten.

Die Lösung für nachhaltig operierende Reiseveranstalter ?

Ackerferien auf dem Bio-Gaul mit E-Traktor-Option und nachhaltigen Ernterechten, Flugkurse und Mitflugbörsen für motorlose Segelflieger, Gruppenwallfahrten nach Spanien zur Costa del Sol, Xtreme-Trips auf Waggondächern von ökologisch vertretbaren Schnellzügen etc. etc.

Immerhin bestätigt der neuste Trend hin zum sog. „Glamping“ , einer Wortkreation aus GLAMour und CamPING, dass sich Ökologie und Kommerz nicht ausschließen müssen, wenn  naturnahe Urlaube in bestens ausgestatteten Luxuszelten und zu Übernachtungspreisen von € 500.- bis € 1.500,- pro Zeltnacht/Person sowohl umweltbedenkliche Hotelbauten als auch angesichts dieser Preise den Massentourismus von Naturreservaten fern halten.

Warum hat diese ganze verschlafene Reiseveranstalterzunft ihren Adam Smith (Wohlfahrtstheorie 1776) nicht gelesen, der schon vor über 200 Jahren das Rezept erfunden hat, wie der Egoismus des Einzelnen für die Gesellschaft höchst nützlich und profitabel („Gier ist gut“ = allerdings nicht von Adam Smith, sondern Gordon Gekko im Kinofilm „Wall Street“) gemacht werden kann und dementsprechend touristische Nachhaltigkeit nicht von Freiwilligkeit sondern egoistischer Erlebnissucht getrieben werden muss…

….egoistisch nachhaltig eben…

….oder nachhaltig egoistisch ??

Kategorie: Eis-Blog Stichworte: Adam Smith, CO²-Abgabe, Egoismus, Glamping, Nachhaltigkeit, Reiseveranstalter, Studiosus, Umwelt, Umweltabgabe

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