Haben Sie schon einmal für eine individuell durchgeführte oder gebuchte Reise einen freiwiligen zusätzlichen Betrag für den Ausgleich Ihres dadurch verursachten umweltbezogenen Schadens bezahlt ?
Sehen Sie…!
Haben Sie schon einmal für selbst konsumierte Bio-Lebensmittel guten Gewissens und gern mehr als für die gleichen nichtbiologischen Produkte bezahlt ?
Sehen Sie…!
Während von dem umweltbezogenen Reiseaufpreis höchstens die Leute nach der Sintflut profitieren, könnte es dem eigenen Bauch nach dem Genuss der Biolebensmittel besser gehen und diesen ganzen wertvollen Menschen vermutlich auch länger geben.
Nachhaltig operierende Reiseveranstalter berichten, dass selbst unter ihren für das Thema sensibilisierten Kunden die wenigsten einen freiwilligen zusätzlichen Preisaufschlag zum Ausgleich der verursachten CO2 -Emissionen zahlen wollen (Bei Studiosus sind es nicht einmal 1 Prozent), ein Lufthansa-Sprecher muss für seine honorige Kundschaft denselben (Nicht-)Prozentsatz zugeben (Kunden zahlen selten, um Treibhauseffekte auszugleichen, FAZ Nr. 85 vom 11.4.2012, S. 10) und eine umfassende Befragung von mehr als 5000 Verbrauchern erbrachte sehr viel Verständnis, aber eben auch wenig zusätzliche Zahlungsbereitschaft für die Nachhaltigkeit aller möglichen Produkte (Esch, F.R. Die Marke muss Geschichten erzählen, in: FAZ. Nr. 55 vom 5.3.2012, S. 14). Neueren Befragungen zufolge nimmt das ökologische Bewusstsein bei Reisen sogar ab. Auch der Nachhaltigkeitsbeauftragte des Reiseveranstalters TUI gibt sich desillusioniert ob des Unterschieds zwischen begeisterter Ansage und tatsächlichem Verhalten, d.h. auch Bequemlichkeitsverzicht, der Touristen.
Würden die Ausgleichsbeträge für die CO²-Kompensation bei Flug-Pauschalreisen nicht freiwillig zu entrichten, sondern erzwungener Maßen im Rahmen der dann erhöhten Endpreise eines Reiseveranstalters einkalkuliert und zu bezahlen sein, hätte dies dessen ruinösen Abgang und die Schadenfreude seiner weniger umweltbewussten Konkurrenten zur Folge, sagt der Geschäftsführer von Studiosus in dem oben zitierten Artikel.
Von vielen Touristen wird zudem Nachhaltigkeit mit der Haltbarkeit Ihrer Erholung und Bräune verwechselt („Buche eine Woche und erhol Dich wie in zwei; das Mindesthaltbarkeitsdatum jeder auf unseren angebotenen Badereisen zugelegten Bräune beträgt drei Wochen“ ), was allerdings dieser seriösen Markenbefragung nicht zu entnehmen ist.
Dafür sollen, so hat die oben zitierte Umfrage wiederum ergeben, Produkte bzw. Marken erlebnisgeladen sein und Geschichten erzählen können, etwa in Red Bull Events, Maggi Kochstudios oder Swarowski Kristallwelten.
Die Lösung für nachhaltig operierende Reiseveranstalter ?
Ackerferien auf dem Bio-Gaul mit E-Traktor-Option und nachhaltigen Ernterechten, Flugkurse und Mitflugbörsen für motorlose Segelflieger, Gruppenwallfahrten nach Spanien zur Costa del Sol, Xtreme-Trips auf Waggondächern von ökologisch vertretbaren Schnellzügen etc. etc.
Immerhin bestätigt der neuste Trend hin zum sog. „Glamping“ , einer Wortkreation aus GLAMour und CamPING, dass sich Ökologie und Kommerz nicht ausschließen müssen, wenn naturnahe Urlaube in bestens ausgestatteten Luxuszelten und zu Übernachtungspreisen von € 500.- bis € 1.500,- pro Zeltnacht/Person sowohl umweltbedenkliche Hotelbauten als auch angesichts dieser Preise den Massentourismus von Naturreservaten fern halten.
Warum hat diese ganze verschlafene Reiseveranstalterzunft ihren Adam Smith (Wohlfahrtstheorie 1776) nicht gelesen, der schon vor über 200 Jahren das Rezept erfunden hat, wie der Egoismus des Einzelnen für die Gesellschaft höchst nützlich und profitabel („Gier ist gut“ = allerdings nicht von Adam Smith, sondern Gordon Gekko im Kinofilm „Wall Street“) gemacht werden kann und dementsprechend touristische Nachhaltigkeit nicht von Freiwilligkeit sondern egoistischer Erlebnissucht getrieben werden muss…
….egoistisch nachhaltig eben…
….oder nachhaltig egoistisch ??